Donnerstag, 4. August 2011

A cappella Wettbewerb in Leipzig I

So, eigentlich wollte ich ja erst mal was zum Festival in Dortmund schreiben, aber ich bin eh total der Zeit hinterher, mal wieder ... Jetzt erstmal fix Leipzig. Das war ja schon n bissel früher, aber wo ich hier grad son paar Notizen hab, und eh alles wieder weg is, denn ich schreib mir ja eigentlich immer nur die negativen Sachen auf, das positive bleibt mehr im Gesamteindruck hängen. Und der sollte mir ja nun nicht total flöten gehn...

Ich war ja vor (glaub ich) drei Jahren schon mal bei dem Wettbewerb, als muSix da mit angetreten sind. Und das is schon ne ziemlich feine Sache, kost nüscht und man bekommt verschiedenste Gruppen zu sehen und zu hören.Publikum zwar eher aus dem Altersheim, weil das zeitlich gesehen (Donnerstag und Freitag Vormittag/Mittag) doch nicht so die normale Zeit ist, aber vielleicht grad deshalb immer sehr entspannt.
Die letzten Male war ich dann immer "nur" zu einigen Konzerten in Leipzig und habe es leider irgendwie nicht mehr zu den Wettbewerben geschafft, aber wie gesagt. Nu wieder.

Also ab in die Mitfahrgelegenheit (dort noch mal fast drei Stunden über Musik und die Möglichkeiten des Gesangs referiert, war sehr nett, danke :-)) und dann pünktlich mit Sandra im Gewandhaus gelandet. Pünktlich um sich vor dem Wettbewerb noch mal mit Kaffee und Keksen auf den Sofas heimelig einzurichten und vorzubereiten.


Dann ab in den Saal und nach dem der dann auch irgendwann voll war gings mit der ersten Gruppe los.
Ocvocetto aus Polen. Ein eher klassischen Ensemble in einer eben solchen Besetzung (SSAATTBB). Was sieht man zu erst, die Frauen haben schöne rote Oberteile an und sehen darin nicht dämlich aus, der Rest is schwarz. Geht doch... nu ja, aber darum gehts ja nicht.
Zu diesem ersten äußerlichen Eindruck gesellte sich dann leider ein weiterer eher unerfreulicher. Das erste Stück wurde noch mit Noten vorgetragen, was ja bei klassischen Sachen auch prinzipiell in Ordnung ist, aber nicht dann, wenn man sich darin vergräbt und weder zu seinen Mitsängern noch zum Publikum Kontakt herstellt.. Sehr schade. Dadurch entstand dann auch kein wirklich gemeinschaftlicher Klang vor allem in den Glissandi sang jeder für sich und die Absprachen waren nicht zusammen, das darf eigentlich nicht sein.
Nachdem dann bei den folgenden Stücken die Noten weg waren hat sich das aber zum Glück verbessert, vor allem aber in den polnischsprachigen Stücken, wo sich die Gruppe merklich wohler gefühlt hat. Da konnte ich dann auch den warmen Klang vor allem im Alt und Tenor viel besser genießen. Was die Sprache angeht, hätte ich das englische Stück nicht schon selber mal im Schulchor gesungen, ich hätte die Sprache nicht erkannt. Das war schon haarsträubend.
Zum Schluss gab es dann noch ein Improvisationsstück, was sich mir leider nicht so sehr erschlossen hat. Über ein Pfeifsolo, meditationsartige Klänge und Sambarhythmen mit Körperpercussion gab es da vieles, aber irgendwie alles etwas unkonkret und nicht zu Ende gedacht, jedenfalls hat es auf mich so gewirkt.

Als nächstes gab es dann das Vokalensemble Viererlei (SSAA). Vier Damen aus dem klassischen Bereich. Damen eher, auch wenn wir uns über das Alter nich ganz klar werden konnten, denn sie wirkten vor allem in den langen Kleidern mit Blümchen am Revers sehr altbacken und etwas bieder. Aber geht ja auch um den Klang und wer weiß, vielleicht wollten sie so "seriöser" wirken, denn nach einem Blick auf die Homepage habe ich gesehn, dass doch bis auf eine alle etwa 5-10 Jahre jünger waren als ich geschätzt hätte.
Jedenfalls, positiv aufgefallen ist mir erstmal, dass sie sich gleich viel weiter nach vorne gestellt haben als das erste Ensemble vorher und von Beginn an ohne Noten gearbeitet haben, sodass sie einen viel besseren Kontakt zum Publikum herstellen konnten. Der "Funke" konnte bei mir aber trotz der verstärkten Interaktion mit den Zuschauern nicht überspringen, irgendwie haben die vier trotz allem etwas reserviert und aufgesetzt gewirkt.
Zum musikalischen, ich höre ja durchaus gerne auch klassischeren a cappella (sonst würde ich das ja auch nicht selber machen), aber was ich eher weniger gern hören sind nun mal reine Frauenensembles, egal ob Klassik oder Pop/Rock. Da gibt es wenige Ausnahmen. Und obwohl die vier wirklich super gemeinsam gesungen haben, auch diese gehören nicht zu den erwähnten Ausnahmen. Vor allem das starke Vibrato und die teilweise zu aufdrginlichen Sopräne sind da nicht so ganz mein Geschmack. Im Gegensatz dazu war ich von der tiefen Altistin echt angetan. Schön warmer Klang und definitiv dürfte die kein Problem mit den tiefen Tönen haben mit denen ich mich im Moment so rumplagen muss. Und das ohne harsch zu klingen, was bei vielen "Tenoretten" die ich sonst so kenne der Fall ist. Sonst bleibt nicht viel zu sagen, dass was sie gemacht haben haben sie sehr gut gemacht, aber ohne dabei groß auf meiner Wellenlänge zu landen...

Nach der Pause gings dann weiter mit Dedooks (SSAATTBB) aus Russland. Hier haben wir uns dann langsam aus dem klassischen Bereich entfernt und sind in der "Unterhaltungsbranche" gelandet. Ab jetzt wurde mit Mikros gesungenund mehr oder weniger viel Vocal Percussion kam hinzu.Was die Mikrofone angeht muss sich sagen, dass da entweder der Techniker sehr gepennt hat, oder die Sänger sich mit ihrer Haltetechnik nicht einig werden konnten, jedenfalls waren nicht alle immer gut zu hören, schade.
Die "deutschen" Moderationen (geht der Dank hier an den Googleübersetzer? ;-)) wurden auch durch gewisse "schauspielerische" Einlagen verstärkt und auch kurz erklärt worum es in den Stücken eigentlich geht. So gab es dann auch ein russisches Lied darüber, dass Zugfahren entspannender sei als Autofahren. (Da frag ich mich, ob das in Russland wirklich der Fall sein kann, mit der deutschen Bahn ist es das ja auch nicht...)
Das Publikum schien davon auch schwer begeistert und hat sich dann auch spontan nicht mehr an der Klatschverbot zwischen den Stücken gehalten. Mir hat das Zuhören auch Spaß gemacht, wobei aber doch viele Schwächen dabei waren. Und das lag nicht nur an der Aussprache ("Kies from a rose" "My Bauer my Bräsur my Bäin"...) sondern vor allem an den Frauenstimmen, aber auch an den Bässen.
Klangen die Damen bei den russischen Stücken noch wie zupackende russische Hausfrauen (oder so, wie ich die Mütter in Russland erlebt habe...), was durchaus positiv zu werten ist, so war bei den Popstücken ein viel zu großes Ungleichgewicht zwischen Sopran und Alt. Der Sopran war wahnsinnig aufdringlich, und vibrierte ziemlich aufgesetzt vor sich hin, was bei dieser Musikrichtung einfach nicht passt (und mir aber auch generell nicht gefällt). Zudem haben alle vier eine für meine Augen und mein Gleichgewichtsgefühl unangenehme Tanzdarbietung gebracht, andauerndes Hin- und Hergeschwanke...
Die Männer und halt vor allem die Bässe, hingegen waren eine mehr oder weniger undefinierbare Masse, die abwechselnd Elefanten und Gewitter nachgemacht hat. Sonderlich raffiniert wirkte das nicht... Zusammen kamen sie dann einfach nicht in einen gemeinschaftlichen Fluss. Schade, aber wie gesagt. Unterhaltsam wars irgendwie trotzdem.

Als nächstes waren dann The Glue (TBBBB) aus der Schweiz dran. Wikipedia informiert mich, dass sie sich ursprünglich nach dem Vorbild der Prinzen formiert haben, aber zum Glück scheinen sie darüber hinweg zu sein.
Wem sie mit ihrem Aussehen nacheifern kann ich aber nicht sagen. Wie auch auf dem Bild zu sehen, ja doch eher bieder und unscheinbar gekleidet kamen sie auf die Bühne. Und offenbarten auf ihrem Rücken dann selbstgebastelte Trinkautomaten (die sie leicht wie Ghostbuster aussehen ham lassen), bestehend aus Schlauch und auf dem Kopf stehender Wasserflasche. Okeh, handelt sich also um ein neues Trinksystem, damit man nicht immer zur Flasche rennen muss. Aber wenn man das dann doch so gar nicht benutzt, nicht in die "Show" einbaut, ja noch nicht mal erwähnt? Nu ja, die Schweizer halt...
Wie gesagt, wir waren nun ja schon aus dem klassischen E-Bereich und in der U-Musik gelandet, wenn ich das mal so sagen darf. Zu erkennen an den nun sehr "aufgedrehten" Mikros und nicht mehr sonderlich dezenten Halleffekten. Und passend dazu ging es auch mit afrikanischem Hip-Hop und Mr. Bombastik los, gefolgt von "Come what may" dies dann eher nasaler Drama-Pop.
Beim dritten Stück wurde dann das Seniorenunterhaltungsprogramm aus dem Robinsonclub ausgepackt (unterstützt von der Zweite Wahl - Choreo von maybebop)
also allgemeines Publitanzen. Und die haben wirklich alle fleißig mitgemacht, ich war erstaunt. Zum Glück haben sie sich aber auch gut an die Anweisungen von der Bühne aus gehalten ("Packt eure Hüften aus, aber nur in Gedanken!")
Zum Schluss gab es dann noch gesellschaftskritisches "Sandburgenbauen", eine Eigenkomposition, nehm ich mal an, mit viel "wortästhetischem" Rap dazu. Mir fällt jedenfalls kein besseres ein. Und vom Refrain hab ich immer noch ab und an einen Ohrwurm ("Sandburgenbauen ist beiweitem nicht der dümmste Weg sich einen Tag am Meer zu versaun" oder so. Is aber auch doof wenn der Bass so viel Text hat ;-) das muss man sich ja einfach merken...)
Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht den fünfen zuzuhören und auch zuzugucken, jedoch muss ich sagen, dass mir das in nem ganzen Konzertprogramm vielleicht zu eintönig werden kann. Denn schon in den zwanzig Minuten war jedes Stück durch eine sehr ähnliche sphärische pseudoarabische Begleitung unterlegt, die am Anfang ja noch sehr nett war, irgendwann dann aber doch nur langweilig. Und die "In-die-Faust-Spuck-Beatbox" und der "Rülps-Bass" sind dann auf Dauer auch nicht mein musikalisches Paradies, genauso wie die leider immer wieder auftretenden Intonationsprobleme in den weiteren Begleitstimmen.
Zum Spaßhaben kann man die sich aber bestimmt gerne mal angucken, und im Gegensatz zu einem Konzert der Russen sollte das ja auch einfacher zu bewerkstelligen sein, nehm ich mal an ;-)



Danach war der erste Teil des Wettbewerbs auch schon fertig, Jury zog sich zurück, Publikum zog sich zurück, Hausmädchen zog sich (upps nein, keine Ferienbande...).

Wir jedenfalls zogen uns dann mit Heike in die Moritzbastei zurück (da war vor einigen Jahren ja schon mal ein nettes privates maybebop-Konzert, war also in guterErinnerung), wo man lecker essen, sowohl im Schatten als auch in der Sonne sitzen, die ein oder andere a cappella Gruppe treffen und vor allem viel Zeit verquatschen kann ;-)

Nach einem kleinen Rundgang durch Leipzig (wo wir den ein oder anderen Ringeist finden konnten, der jetzt natürlich auf dem Bild nicht annähernd so eindrucksvoll aussieht wie in echt, menno) gings dann abends mitm Zug nach Dresden zum Schlafen, um sich auf den nächsten Leipzig-Tag vorzubereiten.